Krieg in Libyen PDF Drucken E-Mail
Samstag, den 09. April 2011 um 11:33 Uhr

Deutschland schickt möglicherweise Bodentruppen nach Libyen - wenn die EU, die UN, wohl auch die Nato es wollen, und selbstverständlich in rein humanitärer Mission. In dieser Ankündigung liegt, neben aller Verblüffung über die Kehrtwende der Koalition, eine große Ironie: Deutschland ringt sich zum Militäreinsatz in Libyen gerade in jenem Moment durch, in dem die Aufständischen sich vom westlich-arabischen Bündnis verraten, ja bedroht sehen.

Nach der Enthaltung im Weltsicherheitsrat will Außenminister Westerwelle nun doch Bundeswehrsoldaten nach Libyen schicken - allerdings nur für eine humanitäre Mission. Der CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder spricht in der SZ von einer "moralischen Verpflichtung". Grüne und SPD kritisieren den "Schlingerkurs" - finden die Sache aber grundsätzlich gut.

Der deutsche Beitrag besteht zurzeit aus 990 Soldaten. Dabei handelt es sich um Stabspersonal sowie um Sanitäter, Feldjäger und Aufklärungs- und Pionierkräfte. Im Rahmen einer humanitären Aktion könnten deutsche Soldaten etwa bei Evakuierungen zum Einsatz kommen.

Dass Bomben der Allianz fünf Rebellen in ihren Panzern getötet haben, mag an mangelhafter Kommunikation liegen. Die Aufständischen fahren noch nicht lange in T55-Panzern herum, aus der Luft mögen sie darin wie eine Gefahr für Zivilisten gewirkt haben. Aber der verheerende Luftschlag zeigt auch, wie sehr Gaddafi-Gegner und Nato aneinander vorbei operieren. Die Aufständischen betrachten die westlichen Kampfjets als Luftunterstützung in eigener Sache, die Nato aber beharrt darauf, dass sie die Bevölkerung schützt. Das Bündnis macht keine Anstalten, den Rebellen den Weg nach Westen frei zu bomben, so wie es französische Flugzeuge anfangs getan haben.

 

Nun hat die Türkei einen Friedensfahrplan für Libyen vorgeschlagen. Er wird von den Konfliktparteien begrüßt. Allerdings bestehen die Aufständischen weiterhin darauf, dass Staatschef Muammar al-Gaddafi das Land verlässt.

Der Plan, den Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan am Donnerstagabend vorstellte, sieht unter anderem eine Waffenruhe und einen Rückzug der Gaddafi-Truppen aus den belagerten Städten im Westen des Landes vor.

Der Vorsitzende des libyschen Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, sagte dem arabischen Nachrichtensender al-Dschasira in der Nacht, die Aufständischen seien bereit, diesen Plan umzusetzen, falls Gaddafi und seine Familie das Land verlassen sollten. Auch in Tripolis reagierte man zunächst positiv auf den Vorschlag, der die humanitären Aspekte der Libyen-Krise in den Vordergrund stellt.

Die Rebellen hatten die Türkei in den vergangenen Tagen stark kritisiert, weil Erdogan wegen möglicher Terrorgefahr davor gewarnt hatte, moderne Waffensysteme an sie zu liefern. Am Dienstag wiesen sie im Hafen von Bengasi ein türkisches Schiff mit Hilfsgütern ab.

Libyens Rebellen haben nach Ansicht eines US-Militärs kaum Chancen, das Regime Gaddafis zu besiegen. "Ich würde die Wahrscheinlichkeit als gering einschätzen", sagte der Chef des US-Afrika-Kommandos (Africom), General Carter Ham, am Donnerstag in einer Kongressanhörung in Washington.

 

Quelle:Süddeutsche Z.

 

Zuletzt aktualisiert am Samstag, den 09. April 2011 um 11:41 Uhr
 

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