Türkischer Premier Erdogan: Vorwürfe gegen deutsche Stiftungen PDF Drucken E-Mail
Dienstag, den 04. Oktober 2011 um 15:38 Uhr

Großrazzia in Istanbul und dem Südosten der Türkei: Sicherheitskräfte haben mehr als 130 angebliche Unterstützer der PKK festgenommen. Der Kurden-Konflikt verschärft sich - Premier Erdogan beschuldigt deutsche politische Stiftungen, die verbotene PKK mit Hilfsprojekten zu unterstützen.

Ankara - In der Türkei intensivieren die Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Bei einer Razzia in Istanbul seien am Dienstagmorgen insgesamt 83 Menschen in Gewahrsam genommen worden, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Mehr als 50 weitere Menschen habe die Polizei in den Städten Diyarbakir und Gaziantep im kurdischen Südosten des Landes festgenommen, berichtete zudem der TV-Sender NTV.

Derzeit sitzen mehr als 2500 Kurden, darunter zahlreiche Mitglieder und fünf Parlamentarier der PKK, in türkischen Gefängnissen. Das Land und auch große Teile der internationalen Gemeinschaft stufen die PKK als Terrororganisation ein. Die PKK hatte im Jahr 1984 den bewaffneten Kampf aufgenommen. In dem Konflikt starben bislang rund 45.000 Menschen.

Im Juli hatte die PKK ihren Waffenstillstand beendet und die Türkei seitdem mit Anschlägen überzogen. 30 Soldaten und 20 Polizisten starben. Besonders der Anschlag im Zentrum der Hauptstadt Ankara mit drei Toten, der Tod von vier kurdischen Frauen in Siirt und die Ermordung einer Hochschwangeren in Batman, deren Kind zunächst in einer Notoperation gerettet werden konnte, zwei Tage später dann aber doch starb, haben das Land aufgerüttelt -die Angst vor einem Burgerkrieg wächst

Kritik an deutschen Hilfsprojekten

Auch die deutsch-türkischen Beziehungen sind von dem Konflikt der türkischen Regierung mit der PKK betroffen. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan  hat deutsche politische Stiftungen beschuldigt, die verbotene Kurdische Arbeiterpartei mit Hilfsprojekten finanziell zu unterstützen. Erdogan rief zudem die oppositionelle Republikanische Volkspartei CHP auf, die Arbeit der Stiftungen in von der CHP regierten Kommunen zu kontrollieren.

Erdogan hatte den Vorwurf deutscher Unterstützung für die PKK zunächst am Wochenende in kleiner Runde vor türkischen Journalisten geäußert. Allerdings nannte er keine Stiftung namentlich. Mehrere regierungsnahe Zeitungen berichteten am Dienstag, die Vorwürfe richteten sich unter anderem gegen die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung sowie die staatliche KfW-Bankengruppe und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).

Erdogan kritisierte Kooperationen mit oppositionellen CHP-Bürgermeistern, vor allem aber eine Zusammenarbeit mit der prokurdischen Partei für Frieden und Demokratie (BDP). BDP-Politiker führen im Südosten der Türkei viele Kommunen. "Leider sind deutsche Stiftung seit geraumer Zeit so aktiv", sagte Erdogan. Die islamistische Tageszeitung "Yeni Akit" erweckte am Dienstag den Eindruck, es gäbe auf dem Gelände der deutschen Residenz in Tarabya am Rande von Istanbul Geheimtreffen deutscher Stiftungen, bei denen diese über ihre gegen die Türkei gerichteten Pläne sprechen.

2002 hatte die türkische Justiz bereits Mitarbeiter parteinaher deutscher Stiftungen wegen Spionage vor Gericht gestellt. Angeklagt waren unter anderem Vertreter der Ebert-, Konrad-Adenauer-, Heinrich-Böll- und Friedrich-Naumann-Stiftung. Ihnen wurde vorgeworfen, den Widerstand einer Bürgerinitiative gegen den Abbau von Gold mit giftigem Zyanid gefördert zu haben. Der Prozess endete mit Freisprüchen.

anr/AFP/dpa/Spiegel.online/Bild:AP

Zuletzt aktualisiert am Montag, den 17. Oktober 2011 um 10:02 Uhr
 

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