Ausländer in Deutschland PDF Drucken E-Mail
Mittwoch, den 01. Februar 2012 um 01:40 Uhr

Die Grenzen der Integration

Etwa 16 Millionen Ausländer leben in Deutschland. In der Schule und auf dem Arbeitsmarkt stehen sie vor großen Problemen. Mit einem nationalen Aktionsplan soll Migranten nun die Integration erleichtert werden. Doch eine Studie zeigt: Das größte Problem sind die Sprachbarrieren bei Kindern.Auf dem fünften Integrationsgipfel,

Auf dem fünften Integrationsgipfel, der am heutigen Dienstag im Kanzleramt stattfand, wurde ein «Nationaler Aktionsplan» zur besseren Eingliederung von Migranten in die deutsche Gesellschaft beschlossen. Dies gab die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, nach dem Ende des Treffens mit rund 120 Teilnehmern in Berlin bekannt. Bund, Länder und kommunale Verbände verpflichten sich darin, weitere Anstrengungen in der Integrationspolitik zu unternehmen. Doch was hat die deutsche Integrationspolitik bisher gebracht?

Mit seinem strittigen Sachbuch Deutschland schafft sich ab hat Thilo Sarrazin jedenfalls ordentlich Staub aufgewirbelt. Schon darin war die Rede von Integrationsproblemen, die Menschen aus der Türkei, Ex-Jugoslawien und den arabischen Ländern in der Bundesrepublik haben. Monatelang wurde über Sarrazins kritische Thesen diskutiert, genauso wie über die Integrationspolitik der Bundesregierung.

Besonders ausländische Kinder haben es schwer

Mehr als ein Jahr nach Veröffentlichung des provokanten Sachbuchs zeigt sich, dass es vor allem ausländische Kinder schwer haben, sich in Deutschland zu integrieren. Anders als es Sarrazin beschreibt, liegt das jedoch nicht am fehlenden Willen, sondern allein an den geringen Deutschkenntnissen.

Experten sind sich einig: Schon im Vorschulalter müssen Grundzüge der deutschen Sprache vermittelt werden. Doch das funktioniert noch nicht überall und längst nicht so gut, wie es seitens der Bundesregierung gewollt ist. Wie eine Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung jetzt herausgefunden hat, beginnt das große Scheitern schon dabei, ausländische Kinder so früh wie möglich an die deutsche Sprache heranzuführen.

Die Folgen sind verheerend. «Ein Kind, das mit geringen deutschen Sprachkenntnissen in die Schule kommt, wird natürlich Probleme haben, dem Unterricht zu folgen», sagt Vera Kreuter, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Berlin-Institut die Studie zur Sprachförderung ausländischer Kinder mit erarbeitet hat. Ganz unabhängig davon, wie klug das Kind eigentlich ist, wird es nichts von dem verstehen, was die Lehrer erklären. Und ohne ausreichende Deutschkenntnisse «ist das Risiko hoch, dass sich dieser Nachteil durch die ganze Bildungslaufbahn zieht und dann natürlich auch die beruflichen Chancen einschränkt».

Wenn die Theorie auf den Alltag trifft

Diese Defizite zu beseitigen, ist fast unmöglich, wenn die Gruppen in den Kitas zu groß und die Erzieherinnen zu schlecht ausgebildet sind. Kreuter dazu: «Viele Erzieherinnen sind von ihrer Ausbildung her nicht gut genug auf diese Herausforderung vorbereitet und daher manchmal überfordert, gerade in Kita-Gruppen mit vielen nicht-deutschsprachigen Kindern.» Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich dann, wenn verschiedensprachige Kleinkinder in den Kita-Gruppen aufeinandertreffen. Besonders in Kindertagesstätten in Problembezirken sei das häufig der Fall.

Derzeit müssen Erzieher häufig nach nur wenigen Tagen Schulung das Sprachprogramm übernehmen. «Viele Erwachsene tendieren aber dazu, selbst zu sprechen, anstatt die Kinder sprechen zu lassen», so Kreuter. Dies bringe den Kindern wenig. Eine Kombination aus langfristigen Sprachkursen in kleinen Gruppen und Sprachförderung im Kita-Alltag verspreche die besten Erfolge. Die muss Integrationsbeauftragte Böhmer bald vorweisen. Eine weitere Idee, abseits von Programmen zur Sprachförderung, hat sie schon.

Der öffentliche Dienst in Deutschland soll mehr Menschen mit ausländischen Wurzeln beschäftigen. Man brauche mehr Migranten als Polizisten, Lehrer, Erzieher und in der Kommunalverwaltung, sagte die CDU-Politikerin im ARD-Morgenmagazin. Doch dies zu realisieren, dürfte anhand der aktuell schlecht umgesetzten Programme zur Sprachförderung schwierig werden.

cvd/news.de/dapd

 

Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, den 01. Februar 2012 um 01:58 Uhr