Syrien:UN-Beobachter ziehen Leine PDF Drucken E-Mail
Montag, den 18. Juni 2012 um 23:27 Uhr

UN-Beobachter ziehen Leine

Von Werner Pirker

Die UN-Beobachtermission will sich die Beobachtung des Blutvergießens in Syrien nicht länger antun und hat ihren Einsatz abgebrochen. Der als Missionschef fungierende norwegische General Robert Mood warf Regierungstruppen und Aufständischen gleichermaßen vor, keine Bereitschaft »zu einem friedlichen Übergang« zu zeigen. Das ist der bequemste Weg, sich aus der Affäre zu ziehen. Nachdem es offenkundig geworden war, daß die Rebellen keine andere Lösung als einen gewaltsamen Regimewechsel anzustreben bereit sind, ergeht die Schuldzuweisung in beide Richtungen. Davor war einzig das Regime für die Gewalteskalation verantwortlich gemacht worden.

Genau aus diesem Verhalten erklärt sich, warum das syrische Gemetzel überhaupt stattfindet und so schnell nicht enden wird. Die offene Positionierung des Westens und der arabischen Reaktion gegen das Assad-Regime hat die bewaffnete Opposition eine andere Option als die militärische Machtübernahme erst gar nicht in Erwägung ziehen lassen. Die – leider erst viel zu spät unternommenen – Versuche des Baath-Regimes, mit dem patriotischen Teil der Opposition eine nationale Übereinkunft zu erzielen, waren deshalb weitgehend zum Scheitern verurteilt. Wenngleich ein Bündnis aller antiinterventionistischen Kräfte nach wie vor nicht völlig ausgeschlossen werden sollte.

Der Annan-Plan, der eine Einstellung der bewaffneten Auseinandersetzung und einen nationalen Dialog vorsah, hätte ein Schritt in die richtige Richtung sein können. Doch das westliche Kriegsbündnis und die bewaffnete prowestliche Opposition waren von ihrem Vorhaben, einem friedlichen Übergang mit einem militärischen Staatsstreich zuvorzukommen, nicht abzubringen. Der Plan des UN-Sondervermittlers wurde auch von dessen Nachfolger als UN-Generalsekretär, dem Südkoreaner Ban Ki Moon, der unverblümt den Regimegegnern das Wort redet, massiv torpediert.


Die jüngsten Massaker haben die Aufständischen zum Anlaß genommen, sich einseitig aus dem Waffenstillstand zu verabschieden. Auch aus einem Bericht des Bundesverteidigungsministeriums läßt sich ersehen, daß es sich bei den Blutbädern um kriegsverschärfende Provokationen der Antiregierungskräfte gehandelt haben könnte. Darin heißt es, daß UN-Beobachter von unbekannten Kräften mit Waffengewalt am Betreten eines Massaker-Schauplatzes gehindert worden seien. Der Rückzug der UN-Beobachter ist ein weiterer Schritt zur völligen Entgrenzung des Konflikts.

Dieser mag zu Beginn tatsächlich vom Streben breiter Bevölkerungskreise nach Demokratie und sozialem Fortschritt geprägt gewesen sein. Doch der Aufstand ist unter die Kontrolle der westlichen Kolonialmächte und ihrer Kostgänger geraten und so in eine Frontstellung gegen die antihegemonistischen Kräfte in der Region gebracht worden. Ein von den Massen getragener demokratischer Umsturz ist damit in weite Ferne gerückt.

Quelle:JW

Zuletzt aktualisiert am Montag, den 18. Juni 2012 um 23:41 Uhr