Eskalation in Syrien Drucken
Mittwoch, den 18. Juli 2012 um 23:36 Uhr

Von Karin Leukefeld aus Damaskus

Bei einem Anschlag auf Spitzenpolitiker der syrischen Regierung sind am Mittwoch morgen in Damaskus Verteidigungsminister Daud Radschha und sein Stellvertreter Assef Schawkat getötet worden. Innenminister Mohammed Al-Shaab wurde ebenso wie der Leiter der Staatlichen Sicherheitskräfte  Hisham Bakhtiar schwer verletzt. Am späten Mittwoch nachmittag wurde bekannt, daß auch der pensionierte General und Präsidentenberater Huessein Turkmeni bei dem Anschlag getötet wurde. Turkmeni, der aus Aleppo stammt und in Syrien auch als Schriftsteller und politischer Analytiker bekannt ist, war von Präsident Assad beauftragt worden, mit der Opposition einen Weg für den Dialog zu finden. Insgesamt sollen unbestätigten Angaben zufolge fünf Personen getötet worden sein.

Der Sprengsatz war bei einer Lagebesprechung der Minister mit Vertretern der Sicherheitskräfte vermutlich am frühen Mittwoch morgen gezündet worden. Die syrische Führung sprach von einem »terroristischen Akt«. Der Anschlag bestärke die Armee darin, »das Vaterland von den Resten der terroristischen Banden zu säubern«, teilte das Militär über das Staatsfernsehen mit. Zum Nachfolger des getöteten Verteidigungsministers Radschha wurde kurzfristig Fahd Al-Freij ernannt.



Unmittelbar nach Bekanntwerden der Attacke konkurrierten zwei Gruppen um die Verantwortung für das Attentat. Eine islamistische Organisation‚ Liwa Al-Islam, erklärte auf ihrer Facebook-Seite, man habe das Krisenkontrollzentrum in Damaskus angegriffen. Die »Freie Syrische Armee (FSA)«, eine Art Sammelbegriff für bis zu 60 bewaffnete Gruppen, die in Syrien kämpfen, erklärte durch einen ihrer Sprecher ebenfalls, für den Anschlag verantwortlich zu sein. »Das ist der Vulkan, von dem wir gesprochen haben«, sagte der Mann dem katarischen Nachrichtensender Al-Dschasira. Man habe gerade erst begonnen. Die FSA hat erklärt, 180 Offiziere auf einer Todesliste zu führen.

Die »Operation Damaskus Vulkan« und das Attentat auf die Militärspitze in Damaskus dürften weitere Kämpfer motivieren, sich dem Kampf anzuschließen, sagte ein Beobachter in Damaskus, der seinen Namen nicht nennen wollte. Jeder Anschlag fülle zudem die Kassen und Waffenarsenale der Kämpfer.

Die Kämpfe in den Vororten von Damaskus hatten am Sonntag parallel zu einem medial gut aufbereiteten Streit um die UN-Beobachtermission in Syrien und eine neue Resolution des UN-Sicherheitsrates begonnen. Die Mission läuft am 20. Juli aus. Der militärische Leiter, General Robert Mood, wird einer neuen Mission nicht mehr zur Verfügung stehen, wie in Damaskus bekannt wurde. Berichten aus UN-Kreisen in New York war zu entnehmen, daß er mangelnde Unterstützung sowohl von den USA als auch von Rußland als Grund für seinen Rückzug angab.

Die bewaffneten Aufständischen haben verschiedenen Quellen zufolge seit Sonntag in der Umgebung von Damaskus bis zu 60 Soldaten und Sicherheitskräfte getötet. Im nahe gelegenen Ort Al-Qaboun hatten sie am Dienstag morgen zum dritten Mal in Folge ein Umspannwerk angegriffen, das die Hauptstadt mit Strom versorgt. Mit Panzerfäusten zerstörten sie drei Transformatoren. Der Schaden wurde vom Elektrizitätsministerium mit rund 300 Millionen syrischen Pfund, etwa 3,8 Millionen Euro, angegeben.

 

 

Quelle: JW

Zuletzt aktualisiert am Sonntag, den 29. Juli 2012 um 12:11 Uhr