Schüler kämpfen in Syrien Drucken
Sonntag, den 10. November 2013 um 12:09 Uhr

Endlich mal wach

Religiöse Fanatiker rekrutieren in Frankfurt junge Männer für den Dschihad. Von sechs Frankfurter Schulen haben sich nach Angaben von Innenminister Boris Rhein (CDU) einzelne Schüler auf den Weg nach Syrien gemacht, um dort im Bürgerkrieg zu kämpfen.

Pierre Vogel auf dem Roßmarkt

Mit großer Sorge betrachtet Innenminister Boris Rhein (CDU) den Einfluss von salafistischer Hasspropaganda in Hessen. Eine Reihe junger Leute aus dem Rhein-Main-Gebiet sei für islamistische Gruppierungen in den Bürgerkrieg nach Syrien gezogen, berichtete der Minister am Freitag in Wiesbaden. Insgesamt neun Frankfurter Schüler seien ausgereist, um sich an den Kämpfen zu beteiligen – davon allein vier von einer einzigen Schule. Zuvor hätten religiöse Fanatiker dort Jugendliche mit einem Propagandastand und dem Verteilen des Koran umworben. Insgesamt seien sechs Frankfurter Schulen von Fällen betroffen, in denen junge Leute sich auf den Weg nach Syrien gemacht hätten, fügte Rhein hinzu.

Die Schüler und eine Reihe etwas älterer Extremisten reisten meistens „bei Nacht und Nebel“ aus, ohne ihrer Familie eine Nachricht zu hinterlassen. Minister Rhein rief Lehrer, Eltern und andere Beteiligte auf, sich an die Polizei zu wenden, wenn sie auffällige Veränderungen bei jungen Leuten beobachteten. „Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig zur Polizei gehen“, sagte er.

Insgesamt kennen die Behörden nach Rheins Angaben 210 junge Leute in Deutschland, die zum Krieg nach Syrien gereist sind, den sie zum „Heiligen Krieg“ (Dschihad) erklärt hätten. In Hessen seien es 30 Betroffene, davon 23 aus dem Rhein-Main-Gebiet.

In drei Fällen Ausreise verhindert

Diese Gruppe haben sich die Sicherheitsbehörden genauer angeschaut. Danach sind drei der Islamisten Frauen, die übrigen 20 Männer. Der jüngste Betroffene sei erst 16 Jahre alt, der älteste 34. Die meisten Teilnehmer hätten das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet. 80 Prozent der Ausgereisten seien in Deutschland geboren, zwei Drittel besäßen die deutsche Staatsbürgerschaft. Es handele sich bis auf einen Fall durchweg um Heranwachsende mit Migrationshintergrund.

In drei Fällen sei es den Sicherheitsbehörden gelungen, eine Ausreise zu verhindern. Weitere drei junge Männer seien aus Syrien wieder zurückgekehrt. Landespolizeipräsident Udo Münch sagte, man beobachte diese Personen intensiv. Rhein ergänzte, es sei nicht immer bekannt, ob die Rückkehrer sich von der extremistischen Ideologie abgewandt hätten oder auch in Deutschland eine Gefahr darstellten.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Ismail Tipi berichtete, radikale Salafisten nutzten Lebenskrisen sowie eine vermeintliche Perspektivlosigkeit junger Menschen aus, um sie auf einen Weg von Hass und Gewalt zu bringen. Sie böten vermeintlich einfache Lösungen für alle Probleme an und köderten so junge Menschen, sagte der muslimische Abgeordnete. Tipi appellierte an die muslimischen Gemeinden, sich deutlich von radikalen Minderheiten zu distanzieren. Nach Rheins Angaben hatten alle Ausgereisten vorher Moscheegemeinden aufgesucht, die für Hasspredigten bekannt seien.

Schulen können sich nach Rheins Worten von Polizei und Verfassungsschutz beraten lassen – unabhängig davon, ob sie bereits Erfahrungen mit radikalen Bestrebungen gemacht haben.

Zugleich setzt der Minister auf schärfere Gesetze. Wichtig sei aus seiner Sicht die Datenspeicherung auf Vorrat, damit die Sicherheitsbehörden erkennen könnten, wer mit wem in der Szene Kontakt halte.

Aus Sicht von FDP-Fraktionschef Wolfgang Greilich ist „eine aufgeklärte und wache Gesellschaft“ der beste Schutz. Er begrüße deshalb, dass die Schulen in Hessen durch Beratungsangebote und Konzepte der Polizei und des Verfassungsschutzes unterstützt würden.

 

Quelle : frankfurter- online

Zuletzt aktualisiert am Montag, den 11. November 2013 um 15:22 Uhr